Elternbeiträge steigen um 1,9 Prozent – Gebührenmodell wird nicht verändert – 50.000 Euro für Waldkindergarten genehmigt
Von Ralf März
Angelbachtal. (ram) Drei einstimmige Entscheidungen fasste der Gemeinderat jetzt in Sachen Kinderbetreuung. Eingeführt wird nach den Beschlüssen ab September ein Waldkindergarten, moderat angepasst werden die Gebühren.
Zunächst genehmigten die Bürgervertreter die Abrechnung der beiden evangelischen Kindergärten für das Jahr 2019. Entsprechend dem Vertrag mit der Kirchengemeinde zahle die Gemeinde einen Zuschuss von rund 87 Prozent des Betriebskosten-Defizits, erklärte Hauptamtsleiter Diethelm Brecht. Die Gesamtausgaben der Kirchengemeinde für die Kindergärten betrugen rund 660.000 Euro, der Zuschussbedarf habe sich gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht und lag bei 465.590 Euro. Sowohl Brecht wie auch Bürgermeister Frank Werner lobten die gute Zusammenarbeit mit der Kirche bei der Kinderbetreuung.
Ausführlich diskutiert wurde über die ab September geltende Gebührenanpassung und ein eventueller Wechsel auf ein anderes Gebührenmodell. Entschieden wurde letztendlich, die Vorschläge der kommunalen und kirchlichen Spitzenverbände zu übernehmen, und eine Gebührenanpassung von 1,9 Prozent vorzunehmen und beim bisherigen Gebührenmodell zu bleiben. „Aus Gründen einer verantwortungsvollen Finanzpolitik müssten wir eigentlich vorschlagen, dieses Jahr die Elternbeiträge um den Satz der tariflichen Personalkostensteigerung von 3,3 Prozent anzupassen“, so Diethelm Brecht. Unter dem von Rechnungsamtsleiter Peter Horsinka vorgestellten, immer größer werdenden Defizit bei der Kinderbetreuung, welches im Jahr 2015 bei 621.000 Euro lag und inzwischen auf über eine Million Euro angewachsen sei, gab es im Ratsgremium durchaus einzelne Gedanken, besser eine größere Gebührenanpassung vorzunehmen. Gemeinderätin Anne Gmelin, von Beruf selbst Erzieherin, gab zu bedenken: „Schade, dass wir von einem Defizit reden“, es gehe um die Kinder.
Auf Wunsch des Gemeinderates stellte Hauptamtsleiter Diethelm Brecht auch mögliche andere Gebührenmodelle für die Elternbeiträge vor. Unter anderem wurde die Kostenstruktur bei Einführung des „Württemberger-Modells“ oder Einkommensabhängiger Kindergartengebühren gezeigt. Das derzeitige Gebührenmodell entlastete Familien mit Geschwisterkinder, die gleichzeitig die Einrichtungen besuchen, um rund 20.000 Euro jährlich, so Brecht. Führe man das „Württemberger-Modell“ ein, würde diese Zahl auf 60.000 Euro anwachsen, und sich damit das Defizit für die Gemeinde weiter erhöhen. Wolle man kostenneutral bleiben, führe das Modell zu einer deutlichen Mehrbelastung bei Ein-Kind-Familien, die für einen Krippenplatz beispielsweise mehr als 100 Euro ausmachen könnte.
Einkommensabhängige Gebühren führten vor allem zu einem hohen Verwaltungsaufwand, so Brecht. Zudem werden einkommensschwache Familien oder Alleinerziehende häufig vom Jugendamt bezuschusst, was dann wegfallen würde.
Von einer „reinen Verteilungspolitik“ sprach Bürgermeister Frank Werner, der sich am liebsten eine landeseinheitliche Lösung wünschte, so dass nicht in jeder Gemeinde diskutiert werden müsse. Vor dem „Ausspielen der einen Eltern gegen die anderen“ im Zusammenhang mit den Gebühren warnte Diethelm Brecht.
Abgestimmt wurde über die Einführung eines anderen Gebührenmodells letztendlich nicht, denn zahlreiche Stimmen sprachen dafür, im Corona-Jahr die moderate Gebührenanpassung vorzunehmen, und in einem „normalen Jahr“, wie Gemeinderat Markus Haaß formulierte, nochmals über die Abrechnungsmodelle zu sprechen.
Große Zustimmung fand die geplante Einrichtung eines Waldkindergartens. Dies war bereits vor Beginn der Corona-Pandemie angedacht, erklärte die Leiterin der kommunalen Kinderhäuser, Bianca Tagscherer den Gemeinderäten. Bei einer ersten Abfrage unter den Eltern war deutliches Interesse festgestellt worden.
Erzieherin Birte Achenbach unterstrich gerade den hohen Stellenwert der Bewegung, die im Waldkindergarten geboten werden könne. Von vielen positiven Erfahrungen bei „Waldwochen“ berichtete die stellvertretende Leiterin der Kinderhäuser, Renate Brecht. Wie sie weiter erklärte, sei die Kindergartengruppe das gesamte Jahr über im Wald, nur bei heftigem Frost, Sturm oder Gewittern nutze man einen Raum in der Sonnenbergschule. Im Wald bereitgestellt werden muss aber ein ausreichend großer Bauwagen oder eine Schutzhütte, in der sich ein Ofen befindet, sowie eine Toilette. Eingerichtet werden soll der Kindergarten im Bereich des Michelfelder Röhrigwaldes, in der Nähe des Kleintierzüchterheims.
Bürgermeister Frank Werner schlug vor, „das Wagnis einzugehen“ und bat den Gemeinderat um eine Ermächtigung von bis zu 50.000 Euro, um in den kommenden Wochen Bauwagen oder Schutzhütte samt Zubehör beauftragen zu können. Starten solle die neue Gruppe mit bis zu 20 Kindern bereits im September, auch wenn bis dahin noch nicht alles fertig umgesetzt sein wird, so der Bürgermeister. Einstimmig genehmigte der Rat das Vorhaben und die Kosten.